Mit den vielen technischen Hilfsmitteln ist es heute möglich, sehbehinderte Menschen in ihrem privaten und beruflichen Alltag zu unterstützen. Und es wird weiter intensiv an Verbesserungen gearbeitet, wie Cornel Weibel von der Sozialinformatik weiss.
Herr Weibel, können Sie die Aufgaben der Sozialinformatik in ein paar wenigen Sätzen beschreiben?
Wir beraten und schulen sehbehinderte und blinde Menschen im Umgang mit spezifischen elektronischen Hilfsmitteln. Unser Ziel ist, dass die Technik den betroffenen Menschen einen wertvollen Nutzen bringt. Auch bei der Arbeitsplatzsuche unterstützen wir die Betroffenen und beraten Arbeitgeber, damit die Integration von sehbehinderten Menschen gelingt.
Können Sie ein konkretes Beispiel machen?
Sehbehinderte Menschen, je nach Stärke der Einschränkung, können keine Zeitungen oder Magazine lesen. Mit Bildschirmlesegeräten bieten wir jedoch Hilfsmittel an, die den Menschen das Lesen ermöglicht. Sie können sich selbständig informieren und sind nicht auf andere Personen angewiesen. Ein anderes Beispiel: der aktivierte VoiceOver auf dem iPhone, damit eine sehbehinderte Person den SBB-Fahrplan vorgelesen bekommt.
Was gibt es alles für Hilfsmittel, die sehbehinderten Menschen im Alltag oder am Arbeitsplatz helfen?
Die Produktpalette, die wir anbieten, ist sehr vielseitig. Von der einfachen elektronischen mobilen Lupe bis zu Bildschirmlesegeräten mit Vorlesefunktion. Computer und Notebooks mit spezifischer Hilfsmittelsoftware zum Vergrössern des Bildschirminhaltes, Vorlesefunktionen und Kontrasteinstellungen. Oder gar eine Fernkamera, die es sehbehinderten Menschen möglich macht, Informationen von der Wandtafel in der Schule oder einen Vortrag mitverfolgen zu können.
Sie liefern aber nicht nur die Hilfsmittel, sondern beraten die Betroffenen bei Bedarf und bei der Anwendung. Nur am Arbeitsplatz oder auch zu Hause?
Die Beratung ist umfassend und schliesst den Arbeitsplatz zu Hause und im Betrieb ein.
Wie sieht die Unterstützung seitens IV oder AHV aus: Sind die Anlaufstellen kulant bei den Anträgen oder braucht es da manchmal grössere Anstrengungen seitens obvita?
Die Leistungen sind gesetzlich geregelt. Es ist wichtig, dass die IV-Anträge von uns so formuliert werden, damit die beantragten Hilfsmittel und Gebrauchstrainings für die sehbehinderten Menschen einfach zu nutzen und für den Einsatz zweckmässig sind. Aber ja, je nach IV-Stelle und Sachbearbeitende ist es nicht immer ganz einfach und es erfordert ab und zu eine Intervention seitens obvita.
Bieten Sie auch Schulungen an, zum Beispiel für spezielle Apps oder Hilfsmittel?
Wir bieten zu allen Apps und Hilfsmitteln Schulungen an. Es ist wichtig, dass sie die sehbehinderten Menschen effizient einsetzen können. So ist gewährleistet, dass die Menschen am Arbeitsplatz optimale Leistungen erbringen können; teilweise arbeiten sie sogar schneller als normal Sehende. Dies erreichen wir zum Beispiel mit der Schulung von Tastaturkürzeln, was das aufwendige Herumfahren mit der Maus auf dem Bildschirm erspart.
Gibt es auf dem Gebiet der Sozialinformatik neue Technologien, an denen Wissenschaftler und Fachleute derzeit tüfteln?
Ja, klar. Derzeit wird an Sprach- und Gestensteuerungen gearbeitet, damit die Hilfsmittel wie Brillen oder Smartphones leichter bedient werden können.
Steckt obvita gerade in der Entwicklung eines neuen Produktes oder Angebotes?
Wir haben laufend neue Projekte. Zum Beispiel eine spezifische Low Vision Leuchte, barrierefreie ECDL-Kurse, diverse E-Learnings und einen Low Vision Dictionary für Englisch und Französisch.
Gibt es Situationen in Ihrem Arbeitsalltag, die Sie manchmal verzweifeln lassen?
Verzweifeln ist das falsche Wort. Es ist nicht immer einfach zu akzeptieren, dass der sehbehinderte Mensch aufgrund seiner Einschränkungen nicht mehr alle Tätigkeiten ausführen kann und zum Beispiel am Arbeitsplatz benachteiligt ist. Wir liefern «nur» Hilfsmittel zur Unterstützung und können seine ursprüngliche Sehfähigkeit nicht wiederherstellen.
Was ist das Schöne an Ihrer Arbeit?
Dass wir Menschen helfen können, sich im Alltag und am Arbeitsplatz wieder zurechtzufinden und ganz generell am Alltag teilzunehmen.
Wenn Sie einem Fremden beschreiben müssten, welche Mehrwerte obvita den sehbehinderten Menschen bringt, wie würden diese lauten?
obvita ist sehr breit aufgestellt und bietet verschiedene Leistungen an. Von der Beratung über die Ausbildung und Arbeit bis zum Wohnen. Wir sind bestrebt, die Lebensqualität der sehbehinderten Menschen zu unterstützen und zu fördern.
Noch eine letzte Frage: Sitzen Sie auch privat viel vor dem Computer oder verbringen Sie Ihre Freizeit dann lieber anders?
Privat sitze ich nicht am Computer. Ich lese sehr gerne Bücher oder treibe Sport wie Joggen, Radfahren, Rudern und Wandern.